Die ersten Erfahrungen sind vielversprechend und verdienen es, vertieft zu werden. So könnte das Halbzeitresumee der Pilotphase zusammengefasst werden.
Das Deutsche Forschungsinstitut für öffentliche Verwaltung in Speyer sollte herausfinden, wie die Leitlinien für Öffentlichkeitsbeteiligung in der Pilotphase umgesetzt werden. Gemessen an der Größe der Fragestellung ist ein Dreivierteljahr kurz. So lange hatte die Pilotphase gedauert, bis die Forscherinnen und Forscher aus Speyer mit ihren Befragungen und der Auswertung von Dokumenten begannen. Sie betonen, dass ein Großteil der Pilotverfahren zum Zeitpunkt des Berichts noch in der Konzeptionsphase steckte und deshalb keine Aussage zum Erfolg gemacht werden kann. Was sie aber dennoch herausgefunden haben: All diejenigen, die befragt wurden, bewerten das Ansinnen positiv, die Kölnerinnen und Kölner künftig in die Entscheidungen des Rates und der Bezirke mehr und früher einzubeziehen. An der Motivation, eine systematische Öffentlichkeitsbeteiligung in Köln einzuführen, scheint es also nicht zu mangeln.

Gegenstand der Betrachtung waren die fünf Beteiligungsverfahren, die seit Beginn der Pilotphase im Januar 2019 starteten: Sportfläche am Rendsburger Platz, Kulturraum Kölner Friedhöfe 2025, Fußverkehrskonzept Severinsviertel, Förderkonzept kulturelle Teilhabe und Niehler Gürtel. Darüber hinaus ging es um die Aktivierung der Stadtgesellschaft, die über die einzelnen Beteiligungsverfahren hinaus ein wichtiges Anliegen in der Pilotphase war.
Im Zwischenbericht Evaluation Leitlinien werden die Erfahrungen mit den Leitlinien für eine systematische Öffentlichkeitsbeteiligung geschildert. Als Ergebnis der Evaluation werden Lernpunkte formuliert, in denen die Untersuchungsergebnisse zusammengefasst und Empfehlungen gegeben werden. Aus den vielen Empfehlungen seien hier zwei als Beispiele genannt:
Als ein Ergebnis wird festgehalten, dass sich aus Sicht der Befragten das Vorgehen in allen Beteiligungsverfahren bewährt hat: In einem Planungsworkshop, an dem die zuständigen Fachämter und die beiden Teile des Büros für Öffentlichkeitsbeteiligung teilnehmen, wird das Beteiligungskonzept erarbeitet. Anschließend wird das Beteiligungskonzept in den Pilotgremien (Bezirksvertretung Nippes oder Ausschuss für Umwelt und Grün) behandelt. Dann werden die einzelnen Schritte des Beteiligungskonzepts umgesetzt. Keine große Überraschung ist die Empfehlung, dieses Vorgehen beizubehalten.
Mehrere Teile der Evaluation drehen sich um die Frage, was eine erfolgreiche Öffentlichkeitsbeteiligung ausmacht. Die Beteiligung einer großen Anzahl von Menschen? Die Beteiligung derer, die von einem Verfahren direkt betroffen sind? Hier zeigt die Evaluation eine Bandbreite von Meinungen auf und stellt fest, dass keine eindeutige Empfehlung gegeben werden kann. Die Akteure müssen also selbst weiter nachdenken!

In den umfangreichen Anlagen zu den Evaluationsergebnissen veröffentlichen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus Speyer die Ergebnisse im Detail. Aus der Befragung der Akteure ist zu erfahren, welche Akteursgruppen mit wie vielen Personen an den Befragungen teilgenommen haben. Als Akteursgruppen werden dabei Politik, Verwaltung, Zivilgesellschaft und die an der Pilotphase beteiligten Dienstleister definiert. 16 Personen beantworteten die Fragen. Die niedrige Rücklaufquote ist wohl z.T. dem ungünstigen Umstand geschuldet, dass die Fragenbögen mitten in den Sommerferien verschickt wurden und die Antwortfrist knapp gesetzt wurde. Die Akteursgruppen wurden zum Beispiel nach dem Nutzen und dem Aufwand gefragt, den sie in der Pilotphase hatten und wie sie die Planungsworkshops, das Beteiligungskonzept, die Pilotgremien, die Öffentlichkeitsarbeit, das Beteiligungsportal und die Beteiligungsveranstaltungen bewerten. Hier schnitten das Beteiligungskonzept und die Planungsworkshops am besten ab. Bei der Frage nach den Qualitätskriterien wird der größte Handlungsbedarf darin gesehen, Mittel und Wege zu finden, um schwer erreichbare Zielgruppen zu aktivieren. Bei den einzelnen Beteiligungsverfahren wurde „Kulturraum Kölner Friedhöfe 2025“ als das Verfahren eingeschätzt, das sich unter den fünf bisherigen Verfahren am besten für diese Form der Öffentlichkeitsbeteiligung eignete.
Ausgewertet wurden auch die Online-Dialoge, die zu zwei Beteiligungsverfahren durchgeführt wurden, und zwar zu „Kulturraum Kölner Friedhöfe 2025“ (27 Antworten) und zum „Fußgängerkonzept Severinsviertel“ (25 Antworten). Außerdem wurden Berichte der beiden Teile des Büros für Öffentlichkeitsbeteiligung ausgewertet. Sowohl der in der Stadtverwaltung verortete Teil des Büros wie auch der zivilgesellschaftliche Teil, den die Kölner Freiwilligen Agentur verantwortet, gaben umfangreich Aufschluss über die Aktivitäten der beiden Büros im Zeitraum von Januar bis Mitte August 2019. Auch die Protokolle aus den Pilotgremien, der Bezirksvertretung Nippes und dem Ratsausschuss Umwelt und Grün, flossen in die Evaluation ein. Darüber hinaus wurde dem Deutschen Forschungsinstitut für öffentliche Verwaltung aufgetragen, zwei Verfahren zu beleuchten, die nicht Pilotverfahren waren. Hier wurde „Deutzer Hafen“ und „Hallen Kalk“ ausgewählt.

Die vom Deutschen Forschungsinstitut für öffentliche Verwaltung verfasste Evaluation wurde dem Beirat vorgelegt und dort diskutiert. Die hierbei aufgeworfenen Fragen sind noch nicht ausdiskutiert. Zum Beispiel wurde in Frage gestellt, ob die Planungsworkshops nicht bereits für die Beteiligung von Bürgerinnen und Bürger geöffnet werden sollten. Nicht nur diese Frage ist zurzeit noch offen. Wir stehen am Anfang der systematischen Öffentlichkeitsbeteiligung und vieles wird noch zu entwickeln sein.
Zunächst dürfen wir gespannt sein auf die Erkenntnisse aus dem Abschlussbericht, zu dem im 1. Quartal 2020 weitere Befragungen durchgeführt werden. Im Anschluss daran wird das Ergebnis verkündet, rechtzeitig genug, damit dem Rat eine Vorlage zur Entscheidung, ob die systematische Öffentlichkeitsbeteiligung eingeführt wird, vorgelegt werden kann.
Eine Anmerkung zum Schluss. Einen Forschungsauftrag zur Frage zu vergeben, ob Leitlinien angewendet werden, ist nach dem mühsamen Erarbeiten der Leitlinien, das sich über drei Jahren hinzog, zwar nachvollziehbar. Für die Öffentlichkeit ist es zudem sicherlich interessant zu erfahren, ob Bürgerinnen und Bürger wirklich mehr Einfluss bekommen haben und ob die Entscheidungen des Rates und des Pilotbezirks im Sinne einer Berücksichtigung von Interessen und Wünschen betroffener Bürgerinnen und Bürger wirklich besser geworden sind. Vielleicht wären dies Fragen für eine wissenschaftliche Begleitung der hoffentlich kommenden flächendeckenden Einführung der systematischen Öffentlichkeitsbeteiligung in Köln.
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