Erfahrungsbericht

Geflüchtete engagieren sich – ein Erfahrungsbericht aus der Kölner Freiwilligen Agentur

Seit Anfang 2016 bietet die Kölner Freiwilligen Agentur an, Menschen mit Fluchtgeschichte in einen sechs- bis zwölfmonatigen Freiwilligendienst zu vermitteln. Was sind unsere Erfahrungen mit dieser Zielgruppe?

Zunächst einmal: Die Menschen mit Flüchtlingsstatus, die wir in soziale und kulturelle Einrichtungen vermitteln, sind genauso vielfältig wie unsere anderen Freiwilligen auch! Einige kommen zum ersten Mal mit dem Thema „bürgerschaftliches Engagement“ in Berührung. Andere haben sich bereits intensiv in ihrer Heimat engagiert. Alle bringen vielseitige Fähigkeiten mit – von Sprachkenntnissen über Computerexpertise bis hin zum Rettungsschwimmer!

Natürlich benötigen Menschen mit Fluchthintergrund in ihrem Engagement eine intensivere Betreuung und mehr Flexibilität in den Einsatzmöglichkeiten als dies üblicherweise der Fall ist. Deshalb ist die bewusste Haltung der Mitarbeiter:innen, durch den Freiwilligendienst nicht nur Unterstützung zu bekommen, sondern auch ein Stück zur Integration beizutragen, wesentlich für den Erfolg des Programms. Ulrike Nelles, Leiterin der Abendrealschule, die zwei Freiwillige im schuleigenen Gemüse- und Kräutergarten beschäftigt, drückte das einmal so aus: „Wir erwarten nicht, dass die Freiwilligen mit perfektem Deutsch zu uns kommen. Im Gegenteil: Zwischen Start und Beendigung des Freiwilligendienstes wird ganz sicher eine Entwicklung stattfinden“.

Wenn sich Einsatzstellen auf diesen Weg einlassen, bekommen sie im Gegenzug ebenso viel zurück. Wie im Fall von Abdulrhman A., der im JFC Medienzentrum Kindern die Arbeit mit Medien näher brachte. Da er in Syrien Architektur studiert hatte, wurde er nun zusätzlich im Planungs-Komitee für einen Neubau bzw. Umzug der Organisation aufgenommen.


Genau wie bei anderen soll der Freiwilligendienst auch bei Freiwilligen mit Fluchthintergrund zur persönlichen und beruflichen Weiterentwicklung beitragen. In regelmäßig stattfindenden Seminaren reflektieren die Freiwilligen gemeinsam ihre Tätigkeiten und erarbeiten, welche Lernerfahrungen sie aus dieser Zeit ziehen: „Als ich nach Deutschland gekommen bin, hatte ich viele Vorurteile, zum Beispiel über Leute mit bunt gefärbten Haaren. In meinem Team bei der Rheinflanke habe ich sie kennengelernt und wir sind Freunde geworden. Jetzt beurteile ich Menschen nicht mehr danach, wie sie aussehen, wie sie reden oder welche Religion sie haben“, erzählt der 19-jährige Almouthana A. aus Syrien, der die Rheinflanke bei Sportaktivitäten und mit einem eigenen Longboarding-Angebot für Kinder und Jugendliche unterstützt.

Die Bildungsseminare sind jedoch nicht nur ein Lernraum für die Geflüchteten, sondern auch die Seminarleiterinnen lernen viel vom direkten Austausch. Wie gut zu wissen, warum die Freiwilligen die Verhältnisse für geflüchtete Menschen in Köln zum Teil als unakzeptabel bewerten, jedoch (noch) keine Ambitionen haben, sich für Veränderung auf der politischen Ebene zu engagieren! Mohamed K., 21 Jahre, der nach Abschluss seines Freiwilligendienstes Medizin studieren möchte, erklärt: „Wir sind hier noch neu und am Anfang. Wir haben das Gefühl, wir müssen das System – wie die Dinge sind und wieso sie so laufen – erst besser verstehen, bevor wir uns einmischen.“

Anstatt Annahmen zu machen oder eigenen Empfindungen auf „die Geflüchteten“ zu projizieren, sollten wir zunächst verstehen, was unsere neuen Mitbürger:innen wirklich brauchen und wer sie sind. Direkte Begegnung macht das möglich. Und der Freiwilligendienst bietet viel Raum dazu.