Bild vom leeren Gereonshof
Gereonshof – Foto: (c) KFA

Im Januar 2015 titelte der Stadtanzeiger „Gereonshof wird Mittelpunkt des neuen Veedels“. Hier taucht auch das mittlerweile berühmte Platz-von-Navona-Bild in der Erzählung wieder auf, dass in dem damaligen Beitrag – sehr ehrlich – sich einzig auf die Tatsache eines Brunnenensembles stützt und nicht auf die zahlreichen andere Qualitäten, die der Platz von Navona hat und von denen der Gereonshof etliche Dimensionen entfernt ist.

Gut, das ist die Schönschreiberei des Feuilletons und der Enthusiasmus für etwas Neues in Zeiten, wo von U-Bahn-Bau über Opernhaus bis Wohnungsbau wenig zu gelingen scheint. Doch schon damals zeichnete sich ab, was uns am 9. Juni 2020 einholte.

Eine Investorengruppe baut einen ehemaligen Versicherungskomplex in ein Mischgebiet aus luxuriösem Wohnen und Arbeiten um. Und damit das Ganze eine Hochwertigkeit bekommt, die auch gute Erlöse bringt, ist es schlüssig, die Straße dazu zu kaufen und den einst wenig ansehnlichen in einen echten Platz zu verwandeln.

Luftbild vom Gereonshof
Auch kein Schmuckstück – Gereonshof um 2010 – Bild: (c) Google earth

Dies hier ist keine stadthistorische Abhandlung und keine Aufarbeitung der Entwicklungsgeschichte dieser Immobilie, denn das Produkt reicht uns, um die Mechanik der Entwicklung nachzuvollziehen, an deren Ende ein Platz steht, der für die Stadt zumindest teilweise verloren sein könnte.

Damit man also den Platz so gestalten kann, dass er Käufern, die bis zu 5,9 Mio. € für ihre Wohnung zu bezahlen bereit sind, auch ästhetisch zusagt, braucht es Materialien, die das knappe städtische Budget kaum hergibt, weder im Bau noch in der Erhaltung. Ein guter Grund, die Stadt von dieser Last zu befreien und dafür die bisher öffentliche Straße an den Investor zu verkaufen. Auch an das Offensichtliche wurde gedacht, nämlich daran, dass es ein Wegerecht für die Bürger geben muss, diesen Platz zu queren, wahrscheinlich sogar ein Veweilrecht, doch da wird es bereits juristisch, wenn man das eigentlich selbstverständliche im öffentlichen Raum auf privatem Grund sicherstellen will. Hier wird die Geschichte etwas unscharf und bedarf der weiteren Aufklärung, denn ob nun das politisch Gewollte auch korrekt beschlossen und das Beschlossene auch ausreichend umgesetzt wurde, ist noch abschließend zu klären. Was wir im Moment wissen ist, dass der Verwalter als Vertreter der ca. 170 Eigentümer es grundsätzlich als die Vertretung der Interessen der Eigentümer erachtet, die Nutzung des Platzes einzuschränken und dies auch als ihr verbrieftes Recht ansieht. Und daher hat er in den Tagen vor dem 9. Juni einen Sicherheitsdienst beauftragt, ungefragt Verweilende von dem Platz zu vertreiben. Das ist ganz unabhängig von der juristischen Frage bereits ein Skandal. Das ist genau die Sichtweise auf Eigentum, die die Frage immer lauter werden lässt, was mit der Gemeinwohlbindung des Eigentums im Grundgesetz eigentlich gemeint ist?

So lobenswert wie selbstverständlich ist daher die umgehende Intervention der Oberbürgermeisterin, und sehr erfreulich ist der aktuelle Zustand, dass der Verwalter den Sicherheitsdienst abgezogen hat. Doch darf das nicht darüber hinwegtäuschen, dass hier Hebel in Bewegung gesetzt wurden, die wir als Stadtgesellschaft nicht haben wollen. Selbst wenn sich erweisen sollte, dass dieser Platz nicht nur passiert, sondern auf ihm auch verweilt werden darf, ist es von nun ab ein Platz zweiter Klasse. Für die Ewigkeit des deutschen Eigentumsrechts wird dieser Platz nicht mehr demokratisch genutzt werden. Die AnwohnerInnen werden sich nicht der Zumutung demokratischer Meinungsäußerung aussetzen müssen, denn ein Versammlungsrecht gibt es dort nicht. Wenn es dort eine überbordende Lebendigkeit wie auf dem Brüsseler Platz geben sollte, wird man sich sehr effektiv dagegen zu wehren wissen. Und wenn die BürgerInnen, aus welchem Grund auch immer, diesen Platz umgestalten oder anders nutzen wollten, werden sie an den Interessen der EigentümerInnen scheitern. Daher ist der Gereonshof ein Menetekel der Stadtentwicklung. Er sollte uns einmal mehr daran erinnern, wie wichtig es ist – als sehr robuste Grundregel -, öffentliches Eigentum nicht zu privatisieren. Im Gegenteil, es gehört gemehrt, damit die Entscheidung bei den Bürgern bleibt und die Bodenpreise nicht durch die Decke gehen.

Deshalb haben sich sehr schnell KLuG – Köln leben & gestalten e.V., Stadtraum 5und4 e.V., AGORA Köln und Recht auf Stadt zusammengefunden und eine gemeinsame Stellungnahme verfasst die unserer Entrüstung wie unseren Forderungen Ausdruck verleiht und die mittlerweile von einigen anderen Gruppen unterzeichnet wurde. Und wir wissen von Vielen, die diese Sicht teilen.

Menschen bei der Diskussionsrunde am Gereonshof
Diskussonsrunde am Gereonsof | Foto: (c) KFA

Wir haben deshalb für den 21. Juni dazu eingeladen gehabt, diesen Platz zu beleben, ihn so zu nutzen, wie es sich für einen öffentlichen Platz gehört, ihn also zivilgesellschaftlich in Besitz zu nehmen, denn er sollte Euch gehören! Unsere kleine Diskussionsrunde am Rande, musste natürlich auf den öffentlichen Raum außerhalb des Platzes ausweichen. Aber das Wichtigste ist, dass wir, die wir Köln lieben, den öffentlichen Raum pflegen, nutzen und verteidigen. Dazu gehört sowohl, der Politik klar zu machen, dass wir eine solche Privatisierung nicht wollen, als auch das regelmäßige fröhliche und zivile Beleben dieser öffentlichen Orte. Diese waren für die Stadt schon immer wichtig, werden für vollere Städte immer wichtiger und werden mit und ohne Corona weiter an Bedeutung gewinnen.

Jede/r kann auf seine/ihre Weise dazu beitragen. Ich hoffe wir treffen uns Bald auf diesem Platz wieder, um einen Plausch zu halten oder Ideen für ein besseres Köln auszutauschen. Vielleicht schon kommenden Sonntag?

Sascha Gajewski, Vorstand STADTRAUM 5und4 e.V. – mit besonderem Dank an den KLuG e.V. für die ausdauernde Koordination.

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