LeseWelten: Interviews zum Deutschen Lesepreis sowie der Vorlesestudie 2020

Wie bereits berichtet, hat LeseWelten den Deutschen Lesepreis 2020 erhalten. Hierzu durfte sich Kolja Schlote, Leiter von LeseWelten, nun mit Journalisten vom Domradio sowie dem Kölner Stadt-Anzeiger austauschen.

Hier geht es zum Interview beim Domradio.

Bei dem Gespräch mit dem KSTA ging es primär um die Ergebnisse der Vorlesestudie 2020 der Stiftung Lesen sowie darum, wie man diesen erschütternden Zahlen begegnen kann:

Köln. Vorlesen fördert die Sprache, den Wortschatz und die Sozialkompetenz von Kindern, ist Kolja Schlote von der Kölner Initiative „Lesewelten“ überzeugt. Studien zeigen außerdem: Kinder und Jugendliche, denen in ihrer frühen Kindheit vorgelesen wurde, greifen später mit mehr Freude selbst zu Büchern.

Trotzdem lesen 32 Prozent aller Eltern in Deutschland ihren Kindern selten bis nie vor. Warum, erklärt die Vorlesestudie 2020 der Stiftung Lesen. Sie fragte bundesweit Eltern, die ihren Kindern im Alter von eins bis sechs Jahren maximal einmal pro Woche vorlesen, nach ihren Gründen.

Kaum Bücher zu Hause

Fast 70 Prozent der Kinder aus Familien, in denen nicht vorgelesen wird, haben maximal zehn Bücher. Das Lesen entfällt also schon, weil nicht genug Lesestoff vorhanden ist. Kolja Schlote von Lesewelten plädiert deshalb für eine gute Ausstattung der Kitas mit Büchern und der Möglichkeit, die Bücher dort auszuleihen. „Wir beobachten, dass viele Kitas die Bedeutung des Vorlesens erkannt haben“, sagt er.

Die meisten neuen Einrichtungen hätten eine kleine Bibliothek oder einen Leseraum. Wichtig sei darin eine gemütliche Atmosphäre, ausreichend Sitzmöglichkeiten und ein vielfältiges Literatur-Angebot.

Die Stiftung Lesen weist außerdem auf das Angebot „Einfachvorlesen.de“ hin, bei dem kurze Geschichten online kostenlos heruntergeladen werden können.

Lesen in der Kita ausreichend

Die Hälfte der Eltern, die nicht vorlesen, geben in der Befragung an, dass ihren Kindern woanders schon genug vorgelesen werde. Dem widerspricht Schlote. Umso häufiger vorgelesen werde, umso größer werde der Wortschatz. „Wenn Kinder merken, dass zuhause niemand Interesse am Lesen hat, werden sie auch nicht von sich aus den Wunsch äußern, dass ihnen jemand vorliest“, glaubt Schlote.

Eigene Kompetenz

Etwa ein Drittel der befragten Eltern zweifelt an der eigenen Lesekompetenz. Wie wird man ein guter Vorleser? „Üben“, sagt Schlote. Das empfehle er auch immer den Ehrenamtlern.

Bevor man vorliest, sollte man auch ein vermeintlich einfaches Kinderbuch selbst ein paar Mal gelesen haben, um nicht über einzelne Wörter zu stolpern. Dazu empfiehlt es sich generell, Literatur auszuwählen, die dem Vorleser auch selbst gefällt. Dann falle das Lesen ohnehin leichter, sagt Schlote.

Sprache als Hürde

Die Eltern in der Studie hatten im Vergleich zum Durchschnitt der Bevölkerung etwas öfter eine formal niedrigere Bildung und etwas häufiger einen Migrationshintergrund.

Wer die deutsche Sprache nicht gut genug kann, sollte Kindern lieber in seiner Muttersprache vorlesen oder die deutsche Geschichte mithilfe der Bilder selbst erzählen. Dass Geschichten meist universell verstanden werden, weiß Schlote aus dem Projekt „Flüchtlingskinder begegnen Lesewelten“, das von „wir helfen“ unterstützt wird. Das Projekt wurde dieses Jahr von der Stiftung Lesen mit dem Deutschen Lesepreis in der Kategorie „Herausragendes kommunales Engagement in der Leseförderung“ ausgezeichnet.

Lesen interessant machen

Wer selbst keinen Spaß am Lesen hat, kann diesen auch nicht weitergeben. Etwa die Hälfte der befragten Eltern findet Lesen langweilig. Simone Ehmig von der Stiftung Lesen sagte dazu bei der Präsentation der Studie: „Viele haben diese Erfahrungen in der eigenen Kindheit nicht gemacht und geben es daher auch an ihre eigenen Kinder nicht weiter.“ Sie glaubten, sie müssten schauspielern und ihre Kinder zum geduldigen Zuhören zwingen. Um dem entgegenzutreten, sei es wichtig, Vorlesen „vom Sockel zu holen“.

Dafür plädiert auch Schlote, er empfiehlt dialogisches Vorlesen. Dabei dient die vorgelesene Geschichte als Basis für Gespräche oder Spiele. Wenn ein Ehrenamtler für Lesewelten in einer Kita ein Ritterbuch vorliest, dann bringt er zum Beispiel entsprechende Playmobil-Figuren mit. Außerdem wirft er immer mal wieder Fragen in die Runde, die die Kinder animieren, die Vorlesezeit aktiv mitzugestalten. Das helfe auch Kindern, denen längeres Stillsitzen schwerfällt. Generell empfiehlt Schlote im Kindergartenalter eine maximale reine Vorlesezeit von 20 Minuten am Stück.

Neuste Beiträge