"Es war genau der 30. April, ein Samstag, ein wunderbarer Tag ohne Regen (das muss ich besonders betonen), als ich von der Stadt nach Hause mit der Linie 18 gefahren bin.

Eine von vielen Sachen die ich in Köln mag, ist, dass es wirklich multi kulti ist. Es gibt mit Sicherheit Leute aus der ganzen Welt. Und es wundert mich überhaupt nicht, wenn ich „ungewöhnliche“ Situationen, Menschen und Dinge begegne. Aber an dem Tag, in der Bahn, habe ich eine junge Frau mit einem Baum gesehen.
Okay, dachte ich, es gibt Flohmärkte und sie wollte einen Baum für ihren Garten kaufen. Nach fünf Minuten habe ich noch eine Frau gesehen mit einem ähnlichen Baum, diesmal geschmückt. Jetzt dachte ich, okay, vielleicht ist das ein Junggesellenabschied. Im Vergleich zu Mazedonien wird in Deutschland das öfters gefeiert, wobei die Junggesellen ein Kostüm tragen. Häufig werden dem Junggesellen verschiedene Aufgaben gestellt und Spiele durchgeführt.
Als ich nach gewisser Zeit die dritte Frau mit einem Baum gesehen habe, wurde es mir klar. Hier gehts um etwas größeres, etwas das völlig unbekannt für mich war.
Sofort habe ich einen von meinen guten Freunden angerufen und habe ihn gefragt, was hier los ist. Der ist immer sehr nett und hat mir etwas über Maibäume erzählt. Die Herkunft des Maibaums ist umstritten. Eine Erklärung für den Brauch geht zurück auf die Germanen. Sie verehrten ihre Waldgottheiten, indem sie nach der Walpurgisnacht am 1.Mai einen geschmückten Baum aufstellten. Mittlerweile hat sich die Walpurgisnacht auch als „Tanz in den Mai“ etabliert.

In der Nacht zum 1 Mai setzen Männer ihrer/ihrem Liebsten eine Birke, die Maibaum genannt wird, vor die Tür oder vor den Balkon. Die Birke gilt als Zeichen der Liebe und Zuneigung und gleichzeitig ist sie Symbol des Frühlings und der Natur. Ich bin echt überrascht und stolz, weil im Zuge der Gleichberechtigung nicht nur die Männer einen Maibaum schenken. Nämlich in Schaltjahren, wie in diesem Jahr, setzen immer mehr Frauen ihrem/ihrer Liebsten eine Maibirke. Wie schön ist das? Würde ich es vorher wissen, würde ich selbst einen Maibaum schmücken.

Die Birke bleibt bis Ende Mai, dann baut der Aufsteller/ die Aufstellerin den Baum wieder ab und erhält eine Belohnung. Die Belohnung wird regional unterschiedlich sein. In Köln ist es üblich, dass du immer einen Kasten Bier erhälst, Kölsch vermute ich 🙂

Es gibt so viele Sachen, die man nicht von den Büchern lernen kann. Ich bin sehr dankbar, dass ich dieses Jahr in Köln sein darf und diese kleine besondere wunderbare Tradition erleben kann. Und wer weiß, vielleicht bekomme ich auch eine Maibirke irgendwann."

Pavlina Manavska, 25, aus Mazedonien, macht einen Internationalen Freiwilligendienst in Köln. In regelmäßigen Abständen berichtet sie darüber. Den ersten Teil aus der Anfangszeit finden Sie hier.

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