„Wir brauchten eine Entscheidung, keine Schonung.“ – Erfahrungen aus der Supervision

Eine Freiwillige aus der Flüchtlingsarbeit berichtet über ihre Erfahrungen bei der pro-bono-Supervision des Forum für Willkommenskultur

 Vor vier Jahren rief das Forum für Willkommenskultur die „Energiestation“ ins Leben: Ein offenes Angebot für Menschen, die sich für Geflüchtete engagieren und Austausch und Unterstützung suchen. Daraus hat sich ein flexibles und individuelles Angebot entwickelt, über das professionelle Supervisor*innen, Organisationsentwickler*innen und Coaches individuelle, kostenlose pro bono-Sitzungen für Freiwillige anbieten. Themen sind z.B. die Zusammenarbeit im Team oder der individuelle Umgang mit Überforderung sein. Die Häufigkeit und die Orte der Sitzungen sowie die Teilnehmenden werden im Einzelfall abgesprochen.

Juliane Antoine ist seit drei Jahren in der Flüchtlings- und Obdachlosenhilfe engagiert. Über ihre Supervisions-Erfahrungen sprach sie mit Irmgard Schenk-Zittlau von der Kölner Freiwilligen Agentur.

 

Irmgard Schenk-Zittlau: Was hat Sie dazu bewegt, beim Forum für Willkommenskultur eine Supervision zu erfragen?

Juliane Antoine: Ganz grundsätzlich ging es um die Frage: Wie verausgabt man sich im Ehrenamt, wo sind die Grenzen, wo beute ich mich selber aus, auch finanziell? Ich war an einem Punkt, an dem ich schleichend in verschiedenen Ehrenämtern immer mehr Aufgaben übernommen hatte und mich fast darin verloren hatte. Ich brauchte den Blick von außen und wollte mich neu sortieren. Ich brauchte Klarheit. So ging es auch einer Bekannten, die sich mit mir im selben Verein für Geflüchtete und Obdachlose engagiert. Wir haben uns dann für eine gemeinsame Supervision entschieden.

 

Welche Erwartung hatten Sie?

Ich wollte über die Supervision Klarheit über meine eigene Rolle finden. In dem Verein gab es im Team inzwischen immer wieder Spannungen darüber, wie wir die Aufgaben angehen sollten. Es hatten sich unterschiedliche Auffassungen entwickelt. Ich wollte für mich Prioritäten und auch Grenzen setzen.

 

Haben sich Ihre Erwartungen erfüllt?

Ja. Es hatten sich drei Frauen gemeldet. Wir hatten dann eine vierstündige Sitzung mit einer Supervisorin, die wirklich top war. Sie war qualifiziert, kam von einem anerkannten Weiterbildungsinstitut, hatte mit Vereinen und mit Leuten auf der Straße gearbeitet.  Alles war sehr stimmig, sie hat direkt verstanden, worum es ging. Und am Schluss gab es die gewünschte Klarheit. Wir hatten ihr gesagt: „Wir brauchen eine Entscheidung, keine Schonung.“

 

Wie ist die Supervision abgelaufen?

Sie hat uns interviewt, unsere Anliegen abgefragt. Dann hat sie unsere Antworten visualisiert. Der ganze Boden lag voller Karten. Wir sind ganz konkret in verschiedene Situationen reingegangen. Wir haben unsere Probleme verstanden, benannt, immer wieder Stellung bezogen, sie hat Rückfragen gestellt, und gemeinsam haben wir eine Lösung gefunden. Die Supervisorin hat alles auf den Punkt gebracht. Und wir beide haben am Ende unsere individuellen Entscheidungen getroffen.

 

Wie ist ihr Fazit? Sie haben auch noch eine zweite Einzel-Supervision gemacht.

Ich glaube an das Ideal einer solidarischen Stadt, in der sich alle gegenseitig helfen und unterstützen. Dann kann Integration gelingen, und wir haben einfach weniger Probleme. Aber ganz persönlich ist es oft sehr schwierig, sich von den Sorgen und Nöten anderer abzugrenzen. Wann sage ich „Nein“, wann sage ich: „Den Anruf kann ich jetzt nicht übernehmen“?  Wann sage ich: „Jetzt komme erst mal ich“? Deshalb lautet meine Antwort: Beide Supervisionen waren für mich in jedem Fall hilfreich, weil der Blick von außen so wichtig ist.

 

Würden Sie die Supervision weiterempfehlen?

Ja, in jedem Fall. Mein Tipp: Jede/r, der eine Supervision machen will, sollte sich im Vorfeld beim Forum für Willkommenskultur erkundigen, wie die Bedingungen sind: Wie lange dauert eine Supervision, gibt es eine „Schnupperstunde“, und wo findet sie statt? Die erste Supervision fand in meiner Wohnung statt, die Einzel-Supervision dann in einer Praxis. Das war natürlich neutraler. Ganz wichtig war für mich auch, dass beide Supervisorinnen qualifiziert in ihrem Job waren. Das ist wie mit dem Fahrrad, das ich zur Reparatur bringe. Da sollten nur Fachleute ran!

 

Was bleibt zum Schluss?

Supervision ist eine sehr gute Methode, um Klarheit für sich zu gewinnen!

 

Ein herzliches Dankeschön an Juliane und Irmgard für das Interview!

Tausend Dank an die ehrenamtlichen Supervisor*innen, Coaches, Organisationsentwickler*innen für ihren Einsatz!

 

Wer sich ehrenamtlich in der Flüchtlingsarbeit engagiert und gerne eine Supervision in Anspruch nehmen möchte, wende sich bitte an Gabi Klein (gabi.klein@koeln-freiwillig.de, Tel. 0221-888 278-24).

Das Forum für Willkommenskultur unterstützt die Kölner Willkommensinitiativen und ist Anlaufstelle für Freiwillige und weitere Akteure in der Flüchtlingsarbeit. Es fördert ihre Vernetzung untereinander, bildet eine Brücke zur Stadtverwaltung und fördert den Austausch mit dieser. Das Forum bietet Qualifizierungs- und Informationsangebote für Engagierte und Interessierte.

Zudem setzt das Forum eigene Impulse, um die Willkommenskultur für Geflüchtete weiterzuentwickeln und dadurch ihre gesellschaftliche Teilhabe zu stärken. Das Forum für Willkommenskultur ist ein Kooperationsprojekt der Kölner Freiwilligen Agentur und des Kölner Flüchtlingsrat.

 

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