Derzeit tagt der nächste bundesweite Bürgerrat zum Thema „Ernährung im Wandel“. 160 ausgeloste Bürger:innen kommen zusammen und beraten zu den vom Rat selbstgewählten Unterthemen „Kennzeichnung von Lebensmitteln“, „Tierwohl“ und der „Bezahlbarkeit von Lebensmitteln“.
Bei der Zusammenstellung des Rats kommen gleich zwei Grundsätze zum Tragen: Einerseits wurden alle Mitglieder zufällig ausgelost. Bei 80 Millionen Einwohner:innen ist die Chance selbst ausgelost zu werden deshalb denkbar klein, doch prinzipiell kommen alle Bürger:innen ab 16 Jahren für die Teilnahme an der Auslosung in Betracht. Gleichzeitig soll die Zusammensetzung des Bürgerrats möglichst repräsentativ die Bevölkerung abbilden, sodass hierzu verschiedene Parameter eingesetzt wurden um die Zufallsauslosung zu steuern: So werden etwa das Alter, das Gelschlecht, der Wohnsitz (sowohl nach Bundesländern, als auch über die Unterscheidung zwischen Stadt und Land), das Bildungsniveau und auch das Ernährungsverhalten (omnivore, vegetarisch oder vegan) bei der Auswahl berücksichtigt.
Um allen Teilnehmenden eine möglichst gleiche Wissensbasis als Diskussionsgrundlage zu bieten, wird der Rat durch Expert:innen aus der Wissenschaft unterstützt, die Informationen zu den Themen liefern und für Rückfragen zur Verfügung stehen. Darüber hinaus lebt die Idee eines derartigen Gremiums aber durch die unterschiedlichen Perspektiven, die jedes einzelne Mitglied aus dem persönlichen Erfahrungsschatz einbringt. In den Diskussionen und im am Ende des Prozesses stehenden Bürgergutachtens bewegen sich die Mitglieder des Bürgerrats grundsätzlich im Spannungsfeld zwischen der Frage wie viel individuelle Freiheiten bzw. Selbstverantwortung Konsument:innen bei ihren Kaufentscheidungen beigemessen werden, oder, andererseits, wie viele Grundsatzentscheidungen durch staatliche Eingriffe wie Gesetzgebungen geregelt werden sollen. Keine leichte Aufgabe also, bei der Vielzahl der Sichtweisen. Als kleine Gedankenstütze möchten wir an dieser Stelle kurz das vor einigen Jahren vorgeschlagene Projekt „Veggie-Tag“ einwerfen, um zu verdeutlichen welche Konfliktlinien alleine bei diesem Thema auftreten.
Der Bürgerrat „Ernährung im Wandel“ ist auch keineswegs der erste Bürgerrat in Deutschland. Bereits in der Vergangenheit gab es sowohl auf Bundes- als auch Landesebene mehr als ein Dutzend Ausgaben des Formats zu einem breiten Spektrum an Themen.
Das Bürgergutachten des Rates zum Thema „Ernährung im Wandel“, in dem die Diskussionen zusammengefasst und Empfehlungen des Rates an die Bundesregierung und den Bundestag ausgesprochen werden, soll Anfang Februar überreicht werden. Die Ergebnisse des Bürgerrates sind jedoch nicht weisend für die später von der Politik getroffenen Entscheidungen, sondern sollen als Gradmesser für die Sichtweisen der Gesellschaft dienen. Den Abgeordneten als demokratisch gewählten Repräsentant:innen obliegt es am Ende, inwiefern sie sich am Bürgergutachten bei ihren Entscheidungen orientieren möchten, oder eben nicht. In jedem Fall kann das Format der Bürgerräte aber sicher eins tun: Ganz unterschiedliche Menschen mit ganz unterschiedlichen Ansichten an einen Tisch bringen und so dazu beitragen, abseits der eigenen Echokammer oder den oft polemischen online-Diskussionen, tatsächlichen Austausch zu ermöglichen und vielleicht sogar etwas mehr Verständnis für die „Gegenseite“ aufzubauen.
Weitere Informationen zum Bürgerrat „Ernährung im Wandel“ finden Sie beispielsweise hier:
https://www.bundestag.de/dokumente/textarchiv/2023/kw19-de-buergerrat-945440
https://www.buergerrat.de/aktuelles/buergerrat-zu-ernaehrung-hat-begonnen/
LK