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Ausschnitt aus dem Prospekt „Wählen gehen. Für eine offene Gesellschaft“

Am 13.10.2020 fanden in Nordrhein Westfalen nicht nur die allgemeinen Kommunalwahlen statt, es wurde auch über die Zusammensetzung der Integrationsräte abgestimmt. – So auch in Köln, einer Millionenstadt und Heimat für knapp über 300 000 zur Wahl des Integrationsrats berechtigte Menschen mit Migrationshintergrund.

Wahlberechtigt sind alle in Köln gemeldeten Menschen mit Aufenthaltserlaubnis ab 16 Jahren. Somit stellt der Integrationsrat ein wichtiges politisches Gremium für viele Menschen ohne deutschen Pass, um von ihrem Recht auf politische Teilhabe Gebrauch machen zu können.

Der auf fünf Jahre gewählte Integrationsrat setzt sich aus 22 gewählten, sowie 11 weiteren aus dem Stadtrat entsandten Mitgliedern zusammen.

Zu den Aufgaben des Rats zählt die politische Interessenvertretung von Menschen mit Migrationshintergrund mit dem Ziel, die gleichberechtigte Teilhabe aller am gesellschaftlichen Leben in Köln zu verbessern. Dabei berät das Gremium über Themen wie etwa die Fördermittelvergabe an interkulturelle Zentren, Fragen zur Mehrsprachigkeit in Bildungsinstitutionen, kultursensibler Pflege im Alter, der interkulturellen Öffnung der Verwaltung, Antirassismus-Initiativen und -Projekte u.a.m.

Während die NRW-weiten Kommunalwahlen allgemein ein recht großes mediales Echo erfahren, ist die Berichterstattung zu den ebenfalls im gesamten Bundesland zu wählenden Integrationsräten im Durchschnitt ein Randthema.

Um dies zu ändern und mehr Aufmerksamkeit für die Arbeit des Integrationsrats und die anstehende Wahl zu generieren, wurde das Büro für Öffentlichkeitsbeteiligung vom zuständigen kommunalen Integrationszentrum der Stadt Köln um Unterstützung bei diesem Vorhaben gebeten.

Neben dem Bereitstellen und der Weitergabe von Informationsmaterial an verschiedene Multiplikatorinnen und Multiplikatoren durch die Geschäftsstelle des Integrationsrates, wurde versucht prominente Unterstützerinnen und Unterstützer zu gewinnen. So hat der Kabarettist Fatih Cevikkolu ein kurzes Videostatement für die Integrationsratswahl gepostet.

Auch Online sollte der Integrationsrat mehr Präsenz erhalten: im Beteiligungsportal der Stadt Köln konnten Interessierte in einem Quiz Fragen zum Integrationsrat, seiner Arbeit und erreichten Zielen beantworten. Bei Facebook wurden ebenfalls mehrere Posts zur Wahl veröffentlicht.

“Der Integrationsrat soll greifbarer werden, dafür braucht es Nähe, Vertrauen, und eine kontinuierliche Öffentlichkeitsarbeit!”

Die ebenfalls in die Kampagnen mit einbezogenen migrantischen Verbände und Institutionen, die Bürgerplattform STARK! im Kölner Norden, das interkulturelle Zentrum In-Haus Kalk und der Verband engagierte Zivilgesellschaft, leisteten wertvolle Beiträge in ihrer direkten Arbeit mit den Zielgruppen durch viele kreative und engagierte Aktionen rund um die Wahl.

In einem gemeinsamen rückblickenden Gespräch wurde die Zusammenarbeit zwischen den städtischen Stellen und zivilgesellschaftlichen Akteuren gelobt und Wünsche für die zukünftige Zusammenarbeit formuliert:

Insbesondere sollten in Zukunft Informationen über die Kandidierenden und ihre jeweiligen politischen Positionen an einer zentralen Stelle gesammelt werden, um Wählerinnen und Wählern eine bessere Übersicht und Hilfe beim Treffen ihrer Wahlentscheidung bieten zu können.

Gerade für Erst-Wählerinnen und Wähler aus anderen Ländern seien die vielen Wahlunterlagen ungewohnt und verwirrend, weshalb die beteiligten Institutionen, dazu häufig individuelle Aufklärungsarbeit geleistet haben. Ein Schritt in die richtige Richtung sei allerdings im Vorfeld der Wahl bereits erfolgt: Mit Erklärvideos in verschiedenen Sprachen, die zur Freude der Initiatoren sogar im Programm des Radiosenders WDR4U gefeatured wurden, konnten viele offene Fragen geklärt werden.

“Menschen fühlen sich direkter angesprochen wenn die Informationen auch in ihrer eigenen Sprache zur Verfügung stehen ”

…, betont Elizavata Khan, Leiterin der Integrationshauses in Kalk, die in ihrer täglichen Arbeit mit Zugewanderten und insbesondere durch die Kampagne KölnKalk100% viel von ihren Erfahrungen und von den Rückmeldungen Wahlberechtigter zu berichten wusste.

So gebe es viele informelle Kommunikationswege, beispielsweise über Messenger-Gruppen, die von Angehörigen migrantischer Communities genutzt würden und über die viele Informationen verbreitet werden. Auf diese Kanäle können aber Organisationen wie das In-Haus oder auch das Büro für Öffentlichkeitsbeteiligung nicht einfach zurgreifen, um die Menschen an der Basis zu erreichen. Das Gewinnen von MultiplikatorInnen sei deshalb entscheidend, denn so erreichten die Informationen auch diejenigen, die nicht ohnehin bereits am Thema interessiert seien. Das persönliche Vertrauensverhältnis spiele eine große Rolle:

“Wenn Menschen, die man persönlich kennt Positives zum Wählengehen berichten, hat das natürlich eine ganz andere Wirkung als dieselbe Information aus einem allgemeinen Post aus dem Internet zu erfahren.”

… sagt Neele Behler von der Bürgerplattform STARK! im Kölner Norden. Um Multiplikatorinnen und Multiplikatoren auf genau diese Aufgabe vorzubereiten, veranstaltete die Initiative auch in diesem Jahr das Multiplikatoren-Training „Fit für die Wahl“.

 

Doch bei Kampagnen im Vorfeld zur Wahl soll es nach den Vorstellungen der beteiligten Ämter und Initiativen nicht bleiben:

Für die Zukunft wünscht man sich eine kontinuierliche Berichterstattung über die Arbeit des Integrationsrats. Die Rat soll gerne mehr in die Öffentlichkeit treten, auch die Mandatsträgerinnen und -träger selbst können dazu beitragen, beispielsweise durch eigene Posts in den sozialen Medien oder in Form von Gesprächs- und Fragerunden, bei denen aktuell debattierte Themen und die Positionen der Integrationsratsmitglieder vor Publikum vorgestellt werden. Dabei dürfe es nicht bloß bei Einladungen an die Öffentlichkeit bleiben; der Integrationsrat könne ebenso an verschiedenen öffentlichen Orten in der Stadt tagen und somit auch aufsuchende Arbeit leisten.

 

Diese und viele weitere Ideen und Wünsche gibt es für die Zukunft des Integrationsrats in Köln. Einig sei man sich auf jeden Fall darin, dass die Arbeit des Integrationsrats wichtiger Bestandteil der politischen Kultur sei und eine regelmäßigere Berichterstattung in Presse, Rundfunk und TV verdiene.

 

Wir wünschen den Mitgliedern des Integrationsrats für die kommende Amtsperiode viele spannende Debatten und Erfolge, auf das er sich -irgendwann in einer entfernten Zukunft –  durch seine gute Arbeit in Richtung gleichverteilter gesellschaftlicher Teilhabe selbst obsolet mache.

 

Autorin: Lisa Knobe, Freie Projektmitarbeiterin, Büro für Öffentlichkeitsbeteiligung / Kölner Freiwilligen Agentur

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