Was ist geschehen:
Die temporäre Umwandlung der Deutzer Freiheit in eine verkehrsberuhigte Fußgängerzone und die vorzeitige Beendigung eben dieses Verkehrsversuchs im vergangenen August. Um die Aufenthaltsqualität weiter zu steigern, wurden neben der Verkehrsberuhigung außerdem Parkbuchten für alternative Nutzungen freigegeben: So wurden manche davon für Außengastronomie genutzt, andere mit Stadtmobiliar versehen, um Verweilmöglichkeiten ohne Konsumzwang zu schaffen.
Mit der Sperrung für den motorisierten Verkehr ging dabei jedoch auch einher, dass die angrenzenden Straßen nicht mehr auf dem direktesten Weg über die Deutzer Freiheit angefahren werden konnten und für manche Anwohnende oder Anlieger:innen Umwege in Kauf genommen werden mussten.
Auch nicht alle der Gewerbetreibenden waren glücklich über die neue Situation – Ärger über ausbleibender Kundschaft und Umsatzeinbußen wurde laut und so formierte sich Widerstand und damit eine Spaltung der Deutzer:innen in zwei Lager, pro (https://deutzautofrei.de/) , bzw. contra (https://initiative-deutz.koeln/) der Maßnahme.
(Einen ausführlichen Bericht finden Sie in unserem früheren zum Thema erschienenen Artikel )
Die Debatte gipfelte in einer Klage der Maßnahmengegner:innen zur Aufhebung des Verkehrsversuchs, die letztendlich auch Erfolg hatte, sodass der Versuch nach einem Jahr Laufzeit im August 2023 beendet und die Straße wieder in ihren ursprünglichen Zustand zurückversetzt wurde.
Trotz dieses augenscheinlichen „Scheiterns“ möchten die verantwortlichen Planer:innen der Stadt aus dem Versuch lernen, weshalb eine kleine Öffentlichkeitsbeteiligung in Form eines „Stimmungsbildes“ durchgeführt wurde. Dabei sollte erhoben werden, welche Aspekte des Versuchs die Menschen vor Ort schätzen, oder als unvorteilhaft empfanden und wie die Straße in Zukunft gestaltet werden könnte.
Als Gewinn nannten dabei die meisten Menschen die Außengastronomie, die Verkehrsberuhigung und ein damit einhergehendes größeres Sicherheitsgefühl, sowie die zusätzlichen Verweilmöglichkeiten und die Reduktion des Lärms.
Nach möglichen Verlusten gefragt, sehen die Mehrheit der Anwohnenden keine Verluste ihrer Lebensqualität durch den Versuch – 72% der Antwortenden wünschen sich eine autofreie Deutzer Freiheit (bei den Gruppen der „in der Gegend Arbeitende“, sowie der Besucher:innen, liegt dieser Anteil sogar noch höher). Trotzdem werden auch Konflikte mit Fahrradfahrenden und der Verlust von Parkplätzen häufig als negative Effekte genannt.
Ganz anders fällt das Urteil der Geschäftstreibenden aus: 63% bevorzugen die Verkehrsführung im Ist-Zustand. 39% sehen für sich und ihr Geschäft keinen Gewinn durch den Versuch, sondern beklagen Umsatzrückgänge (38%) und den Wegfall von Parkplätzen für potenzielle Kund:innen – manche der Gewerbetreibenden nehmen die Situation jedoch auch genau gegenteilig wahr.
Interessant scheint in jedem Fall, dass sich alle untersuchten Gruppen, außer den Gewerbetreibenden mit großer Mehrheit für eine autofreie Deutzer Freiheit aussprechen.
Da es sich hierbei um ein Stimmungsbild handelt, bei dem nach dem subjektiven Empfinden der Teilnehmenden gefragt wird, liegt die Wahrheit wohl irgendwo dazwischen…
Trotz der teilweise recht unterschiedlichen Perspektiven auf den Versuch, gibt es durchaus auch Punkte in denen sich die Beteiligten einig sind: Die Deutzer Freiheit soll schöner werden. Die Menschen möchten mehr Gelegenheiten zum Verweilen, mehr Grün und mehr außengastronomische Angebote um das „Kölsche Vita“ in Rheinufernähe draußen genießen zu können. Außerdem ist man sich einig, dass auch der Fahrradverkehr besser reguliert werden sollte, da Fahrradfahrende auf autofreien Straßen und mit freier Fahrt immer wieder auch zur Raserei neigen und so das Konflikt- und Kollisionspotenzial mit dem Fußverkehr steigt.
Was dieses Stimmungsbild nun für die Zukunft der Deutzer Freiheit bedeutet, steht noch in den Sternen – doch zumindest gibt das Stimmungsbild Aufschluss darüber, wie die Menschen vor Ort über die Maßnahme und die daraus folgenden Konsequenzen denken. Welche der Perspektiven nun wie schwer wiegt und in welchem Maß die zukünftige Gestaltung der Straße beeinflussen wird – eine schwierige Entscheidung – eine von vielen, denen sich die Planenden und Entscheidenden in Verwaltung und Politik stellen müssen… und wie so oft im Leben, wird es vermutlich auch hier keine Lösung geben, die alle Seiten gleichermaßen zufriedenstellen wird. Also liegt es auch an uns Kölner:innen kompromissbereit zu sein und uns weiter in Geduld zu üben – denn denken Sie immer daran: Auch der Dom wurde nicht über Nacht, sondern in 632 jähriger Arbeit errichtet: Gut Ding will Weile haben!
Die Ergebnisse der Umfrage sind nun auch online abrufbar unter folgendem Link: https://meinungfuer.koeln/deutzerfreiheit